Haushaltsrede 2011

Ulrike Trick, Fraktionssprecherin
Ulrike Trick, Fraktionssprecherin

Auch in diesem Jahr wird der laufende Haushalt in der zweiten Jahreshälfte verabschiedet und auch in diesem Jahr wird trotz aller Konsolidierungsmaßnahmen ein Haushaltsausgleich nicht erreicht. Dies ist, wie bei den meisten Kommunen in NRW, auch nicht möglich, da die Forderungen, die von außerhalb an die Kommunen herangetragen werden, wie z.B. der kommunale Anteil zu den Leistungen des SGB II, der Zuschuß zum Aufbau Ost, sowie die verminderten Schlüsselzuweisungen und die Erhöhung der Kreisumlage, den Schuldenberg schneller wachsen lassen, als Einsparungen innerhalb der Kommune Erfolge bringen.

Dennoch erfordert die Haushaltslage erneut eine Überprüfung der freiwilligen Leistungen.
Hierzu wurde seitens der Verwaltung ein Sparkatalog vorgelegt, der nach Ansicht der Fraktion von BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN unausgewogen war. Auf den Prüfstand kam z.B. die nebensächliche Frage, ob in den Rats- und Ausschußsitzungen weiterhin Kaffee und Tee angeboten werden soll, oder ob dieses Angebot auf kalte Getränke und Selbstbedienung reduziert wird.
Nicht auf den Prüfstand kamen die Kosten für die Förderung des Brauchtums, insgesamt immerhin durch den Verzicht auf Nutzungsgebühren und Bezahlung der geleisteten Bauhofstunden eine Summe von 18.580 €.

Auf den Prüfstand kamen Nutzungsgebühren für Sportstätten, nicht aber Nutzungsgebühren für gemeindeeigene Flächen. Ein Antrag, den die CDU Fraktion schon mehrfach abgelehnt hat, ebenso wie die Bezahlung der für diese Nutzer geleisteten Bauhofstunden. Insgesamt eine Summe von 28.800 €. Hierbei sind aber noch längst nicht alle gemeindeeigenen Flächen berücksichtigt, in die Berechnung eingeflossen sind nur die Summen für den Rathausvorplatz und den Rathausparkplatz.
Die Fraktion von BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sieht hier noch erhebliche Möglichkeiten, Gelder für den Haushalt zu erwirtschaften, konnte sich aber, gemeinsam mit den Fraktionen von SPD, USWG, FDP und BfB nicht gegen die absolute CDU Mehrheit im Rat durchsetzen.

Insgesamt leistet sich die Gemeinde Schermbeck eine Wirtschaftsförderung in Höhe von 41.000 €. Hierin enthalten sind Mitgliedsbeiträge, sowie der eben erwähnte Verzicht in Höhe von 28.800 €, der mit der Begründung der Wirtschaftsförderung getätigt wird.

Auch nur unzureichend geprüft wurde die Effizienz des Projektes Nachbarschaftsberater.
35 Beziehungen in 19 Monaten rechtfertigen u. E. nicht den finanziellen Aufwand von 27.200 € jährlich. Hinter 12 ehrenamtlich tätigen Nachbarschaftsberatern mit einer Aufwandsentschädigung von insgesamt 5.400 € tummeln sich ein Lenkungsausschuss, bestehend aus 7 Mitgliedern, sowie eine Koordinatorin, die 7,75 Stunden ihrer Wochenarbeitszeit von 19,75 Std. in der Akademie Klausenhof verbringt.
Während man seitens Verwaltung, CDU und Bürgermeister mit diesem Projekt dem demografischen Wandel Rechnung tragen will, beschließt man auf der anderen Seite, daß die Bürger, und somit auch die älteren Mitbürger, fortan ihre Straße selber zu reinigen haben.

Außerdem wurde beschlossen, in der oberen Etage des neu erbauten Feuerwehrgerätehauses ein Dorfgemeinschaftshaus zu errichten.
Dieses Dorfgemeinschaftshaus soll entsprechend den Förderrichtlinien zwar allen Bürgern zur Verfügung stehen, wird aber aufgrund der nicht behindertengerechten Ausstattung nur von gehfähigen Bürgern genutzt werden können. Dies ist unserer Ansicht nach ein Verstoß gegen § 55 Landesbauordnung, der die Barrierefreiheit öffentlich zugänglicher Gebäude vorschreibt.
Das Argument, wir hätten dieses Haus sonst nicht bauen können, zeigt nur, daß der Gedanke der Inklusion in der Schermbecker Verwaltung noch nicht Fuß gefaßt hat. Niemand käme auf den Gedanken, zu sagen, eine Treppenanlage sei zu teuer,  man könne doch eine Leiter anlegen.Das Recht der Behinderten auf Teilhabe versucht man aber mit dem Angebot, die Feuerwehr könne die Rollstuhlfahrer nach oben tragen, auszuhebeln.  Wer noch nicht begriffen hat, wie demütigend es für einen behinderten Menschen ist, von starken Männern die Treppe hinaufgetragen zu werden, der hat auch nicht verstanden, was Inklusion ist. So selbstverständlich, wie die Treppe zum Bau gehört, gehört auch der Fahrstuhl und die behindertengerechte Toilette dazu. Wir gehen davon aus, daß hier noch Kosten auf die Gemeinde als Antragstellerin der Baugenehmigung zukommen werden.

Zwei freiwillige Leistungen, die einer erheblichen Prüfung unterzogen wurden, sind Hallenbad und Bücherei. Eine Einsparmaßnahme für die Bücherei war nach dem Ausscheiden der Leiterin die Reduzierung der Öffnungszeiten. Insbesondere die teilweise Schließung während der Sommerferien wird von uns als konträr zur Leseförderung empfunden.
Die Übernahme des Hallenbades durch den Wassersportverein wird von uns begrüßt, bedeutet sie doch derzeit die einzige Möglichkeit, das Bad zu erhalten und somit insbesondere den Kindern weiterhin die Möglichkeit des ortsnahen Schwimmens zu bieten.
Während die Kreisstadt Wesel alle Möglichkeiten der Einnahmevermehrung nutzt, z.B. durch Erhebung von Nutzungsgebühren und neuerdings auch  Erhebung einer Gebühr für die Plakatierung von Veranstaltungen, macht die Gemeinde Schermbeck mit Hilfe der absoluten CDU Mehrheit Geschenke an bestimmte Unternehmen und Gruppierungen im Wert von mindestens 47.380 €, deklariert als Brauchtumspflege oder Wirtschaftsförderung.
Sicher, eine Nutzungsgebühr von einigen Hundert Euro pro Nutzer rettet den Haushalt nicht, aber das schafft man auch nicht mit der Erhöhung der Nutzungsgebühren für die Bücherei oder der Erhöhung der Hundesteuer. Alle diese Maßnahmen wurden von der CDU Fraktion ohne Zögern mit beschlossen.
So reinigt jetzt der gemeindeeigene Bauhof die Straße für die Schützenvereine kostenlos während die 80jährige Bürgerin, die sich mit Hilfe eines Rollators fortbewegt, dies zukünftig selber tun muß, damit die Gemeinde ihren Eigenanteil an der Straßenreinigung reduzieren kann. – Aber die alte Dame hat ja auch die Zeit dafür, denn ins Dorfgemeinschaftshaus kann sie nicht gehen, dort fehlt ja bekanntlich der Aufzug.

Insgesamt sieht die Fraktion von BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN noch erhebliche Einnahmemöglichkeiten, wenn man denn bereit ist, alles auf den Prüfstand zu legen und auch liebgewordene  Privilegien abzuschaffen. Dies ist unserer Ansicht nach mit dem vorgelegten Haushalt wieder nur unzureichend geschehen und darum werden wir ihm nicht zustimmen.

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