Rede zur Verabschiedung des Haushalts der Gemeinde Schermbeck 2010

Ulrike Trick, Fraktionssprecherin

Herr Bürgermeister, meine Damen und Herren,
fast ein Jahr nach der konstituierenden Sitzung des amtierenden Rates wird heute erst der  Haushalt 2010 verabschiedet. Der Grund für diese späte Beschlussfassung ist die desolate Finanzlage der Gemeinde Schermbeck und die daraus resultierende Notwendigkeit der Erstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes.

In mehreren  interfraktionellen Gesprächen haben die Fraktionsvorsitzenden der im Rat vertretenen Parteien versucht, eine einheitliche, fraktionsübergreifende Regelung zu finden.

Bei diesen Gesprächen ging es im Wesentlichen darum, Einnahmen zu erhöhen und die freiwilligen Leistungen einzuschränken, um Kosten zu sparen und dabei dennoch ein Angebot an die Bürger aufrechtzuerhalten, das das Leben in dieser Gemeinde attraktiv bleiben läßt.

Von allen Fraktionen getragen wurde die Erhöhung der Grundsteuern A und B. Dieser Beschluss wurde ausführlich beraten und fiel nicht leicht, war aber unumgänglich.

Ebenso verhielt es sich mit dem Beschluss, den gemeindlichen Zuschuss an die nicht gemeinnützigen Vereine im kommenden Jahr nicht mehr zu zahlen. Dass dieses verwaltungsseitig dann schon in diesem Jahr umgesetzt wurde, entsprach nicht der Vereinbarung und wurde von uns in dem entsprechenden Ausschuss auch nicht mitgetragen.

Eine Reihe weiterer Einsparungen wurden von uns mitgetragen.

Man kann einen Schwamm aber nur so lange auspressen, bis er trocken ist.

Herr Bürgermeister, meine Damen und Herren, der Schwamm ist fast trocken. Weitere größere Einsparungen drohen deutlich zu Lasten der Lebensqualität in unserer Gemeinde zu gehen.

Für das Hallenbad zeichnet sich hoffentlich durch den neugegründeten Verein eine Lösung ab, wirtschaftlich tragfähig kann diese aber nur sein, wenn der Kostenfaktor Energie durch effizienteren Energieeinsatz verringert werden kann. Das heißt nach gegenwärtigen Erkenntnissen: durch den Bau eines Blockheizkraftwerkes (in Kombination mit der Gewinnung von Sonnenenergie), das auch andere Abnehmer in der Nähe versorgen kann.

Nach den Gesprächen ist zu erwarten, dass die Bücherei nach Ablauf der Förderung vor einer Umstrukturierung steht. Die Fraktion der GRÜNEN sieht die  Bücherei als wesentliches Bildungsangebot für unverzichtbar an, das auf jeden Fall erhalten bleiben muss. 900 ausgestellte Leseausweise zeigen, dass die Bücherei ein wesentlicher Bildungsfaktor ist und eine Zahl von Bürgerinnen und Bürgern, vor allem auch Kindern erreicht wie kaum eine andere Einrichtung der Gemeinde. Wir können nicht die Ergebnisse von PISA-Studien und nachlassende Lesefähigkeit beklagen, wenn wir diese außerschulische Bildungseinrichtung schließen.
Und wenn jetzt darauf hingewiesen wird, dass es ja eine freiwillige Leistung der Gemeinde sei, die in Zeiten der Finanznot halt geschlossen werden müsste, dann gestatten wir uns darauf hinzuweisen, dass diese Finanznot zum allergrößten Teil nicht von den Kommunen verschuldet ist, sondern ein Ergebnis falscher Verteilung. Den Kommunen am Ende der Kette werden Lasten aufgebürdet, aber nicht die nötigen Finanzmittel gewährt.

Aktuelles Beispiel ist, dass erst das Verfassungsgericht die einseitige Belastung der Kommunen durch die vorige Landesregierung mit den Kosten des Ausbaus der Kindergartenplätze für unter 3-jährige für verfassungswidrig erklären musste, um die Kommunen vor ungerechtfertigter Belastung zu schützen.

Wir gehen davon aus, dass die neue Landesregierung die Kommunen gerechter behandeln wird.

Im Rahmen des von der Landesregierung vorgelegten Gesetzentwurfs zu Änderung des Gemeindefinanzierungsgesetzes soll die Gemeinde Schermbeck jedenfalls um 148.000 € erhöhte Schlüsselzuweisungen sowie eine um 56.000 € erhöhte Investitionspauschale erhalten. Das wird uns noch nicht retten, hilft aber mit. Hoffen wir, dass die Landesregierung hierfür auch die im Landtag erforderliche Mehrheit finden wird. Wenn nicht, dann werden wir wissen, bei wem wir uns zu bedanken haben.

Auch verstehen es  die Bürgerinnen und Bürger nicht, wenn auf kommunaler Ebene aufgrund von angeblichen Sachzwängen Einsparungen bis zur Schmerzgrenze vorgenommen werden, während an anderen Stellen der Republik Mehrwertsteuervergünstigungen für Bergbahnen in Bayern und für Hoteliers gewährt werden (wovon bei den Konsumenten nichts ankommt).
Auch haben wir kein Verständnis für Großprojekte von durchaus zweifelhaftem Nutzen wie zum Beispiel Stuttgart 21,  wo mit 5 (im Ende wohl eher 10) Mrd. € Geld im Überfluss vorhanden zu sein scheint, oder für die Neubaustrecke Nürnberg – Erfurt 5,2 Mrd. € ausgegeben werden, eine Neubaustrecke, die aufgrund unzureichender Auslastung nicht einmal die Abschreibungskosten wird verdienen können.

Diese zwei Beispiele sollen nur zeigen, dass eine gerechtere Verteilung des Steueraufkommens erforderlich ist, wenn wir nicht zugunsten von sogenannten Leuchtturmprojekten die meisten Bürgerinnen und Bürger in ihrer unmittelbaren Umgebung drastischen Einschränkungen unterwerfen wollen.

Für Bürgerinnen und Bürgerinnen des Kreises Wesel bedeuten diese beiden als Beispiele genannten Projekte nach Meldung vom Montag übrigens auch, dass das dritte Gleis der Betuwe-Linie wohl nicht vor 2020 verwirklicht wird, weil die Neubaumittel in die genannten Projekte fließen. Der Kreis Wesel wird also entgegen den bisherigen Zusagen entlang der bestehenden Strecke mit erheblich verdichtetem Güterverkehr leben müssen.

Dennoch gibt es im Haushalt der Gemeinde Schermbeck noch Punkte, in denen die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Verbesserungsmöglichkeiten sieht.
So wird von uns die  Höhe der Kosten für das Modellprojekt Nachbarschaftsbetreuer nicht mitgetragen. So sehr wir hier das Engagement der Nachbarschaftsbetreuer schätzen und einer entsprechenden Aufwandsentschädigung immer zugestimmt haben, so sehr verschließt sich uns aber auch die Einsicht in die Notwendigkeit des damit verbundenen finanziellen Aufwandes in Form einer Koordinationsstelle, eines Lenkungsausschusses etc.

Die im Haushalt veranschlagten Kosten betragen 12.000 € Aufwandsentschädigung sowie 4.000 € Sachkosten. Davon erhalten die 13 Nachbarschaftsberater 4.680 €, nämlich je 30 € pro Monat. Der Rest von 11.300 € dient der Finanzierung des Wasserkopfes. Hierzu kann man nur sagen: Das Pferd, das den Hafer verdient, bekommt ihn nicht.

Die Reduzierung im veränderten Ansatz  resultiert im Wesentlichen daraus, dass der Kreis seine Förderung zurückgefahren hat und dass die Zahl der Bürger, die sich für diese Aufgabe zur Verfügung gestellt hat, nicht annähernd der ursprünglich veranschlagten Personenzahl entspricht. Andere Kommunen wie z.B. Dorsten machen es derzeit vor, hier entstehen ähnliche Strukturen wie bei dem Modellprojekt Nachbarschaftsbetreuer, und zwar ohne finanzielle Beteiligung der Kommune.  Bei der derzeitigen Kassenlage erscheint es uns angezeigt, auf eine weitere Finanzierung der Koordinatorenstelle zu verzichten.

Die veränderte Kassenlage der Gemeinde hat uns letztlich auch zu der Erkenntnis gebracht, dass die Förderung des Tanzsportzentrums mit gemeindlichen Geldern nicht mehr möglich ist. So sehr wir das Engagement der Verantwortlichen schätzen und wir sehr wohl um den Wert für Sport und Jugendarbeit wissen, sind wir doch der Ansicht, dass derzeit die finanzielle Unterstützung einer einzelnen Interessengruppierung nicht möglich ist.

Ein bisher wenig berücksichtigter Faktor ist für unsere Fraktion auch der Verzicht auf Einnahmen. Hier bedauern wir die Haltung von CDU und SPD, die unserem Antrag auf  Erhebung einer Nutzungsgebühr für Rathaus und gemeindliche Flächen nicht zugestimmt haben. Bei diversen Veranstaltungen erzielt ein kommerzielles Unternehmen Gewinne, indem es u.a. gemeindliche Flächen vermietet und  dabei noch von gemeindlichen Mitarbeitern vom Bauhof unterstützt wird, ohne dass von dem erzielten Gewinn etwas in die Gemeindekasse fließt. Begründet wird der verhältnismäßig hohe Eintrittspreis für eine der  Veranstaltungen auch noch damit, dass man, wie in der Zeitung nachzulesen war, ja auch nur eine bestimmte Käuferschicht da haben wolle. Es ist absolut unsozial, aus den Steuergeldern aller Bürgerinnen und Bürger Leistungen in Anspruch zu nehmen, um eine Veranstaltung zu machen, bei der nur die kaufkräftigere Kundschaft erwünscht ist. Da bei der derzeitigen Haushaltslage jede Gruppierung bis hin zum kleinsten Verein Opfer bringen muss,  ist es uns absolut unverständlich, warum hier ein kommerzielles Unternehmen begünstigt wird.

Neben diesen Verbesserungsmöglichkeiten legen wir Wert darauf, dass mit der Vergabe von Planungsaufträgen zukünftig wesentlich sorgsamer als bisher umgegangen wird.

18.900 € wurden ausgegeben für Planungs-, Gutachter- und Vermessungskosten für den mangels Masse auf absehbare Zeit nicht zu verwirklichenden Ausbau Pöttekamp samt einer unsinnigen Erweiterung des Planungsbereichs.

45.000 € wurden ausgegeben für die nicht umgesetzte Planung der Erweiterung des Asylbewerberheims Üfte. In beiden Fällen erfolgte die Vergabe durch die Verwaltung, nicht durch den Fachausschuss. Wären die Grenzen, bis zu denen die Verwaltung Aufträge ohne Rats- bzw. Ausschussbeteiligung vergeben dürfen, nicht seinerzeit mit CDU-Mehrheit erhöht worden, dann wäre zumindest die Planung Üfte in einem Ratsgremium gründlicher diskutiert worden und man hätte vielleicht diese unnötige Ausgabe nicht getätigt.

Der unverständliche Verzicht auf Einnahmen bei der Nutzung gemeindlicher Flächen,
die Finanzierung eines Wasserkopfs im Projekt Nachbarschaftsbetreuer,
die Bedrohung der Existenz der Bücherei
sowie die unseres Erachtens zu hoch angesetzte Grenze, bis zu der die Verwaltung Aufträge ohne Ausschussbeteiligung vergeben darf,
sind für uns Gründe, diesem Haushalt für das Jahr 2010 nicht zuzustimmen.

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