Neue Folge der Schermbecker Geschichten:
Die Anschaffung des neuen Dienstwagens des Schermbecker Bürgermeisters ist ein interessanter Übungsfall für jede Kommunalrechts-Vorlesung. Aber auch die „Sachdarstellung“ zu unserem diesbezüglichen gemeinsamen Antrag für die kommende Ratssitzung (Drucksache 72/2024) greift die rechtlichen Aspekte nicht im Ansatz auf.
Auf unsere Anfrage Ende letzten Jahres antwortete die Gemeindeverwaltung: „Eine Wirtschaftlichkeitsberechnung wurde nicht durchgeführt, da der Bürgermeister sich im Vorfeld für das Modell Audi Q5 als Benziner mit Mild Hybrid entschieden hat.“
Dazu ist festzustellen:
- Die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit sind bei allen Maßnahmen, die die Einnahmen und Ausgaben des Gemeindehaushalts unmittelbar oder mittelbar beeinflussen, zu beachten.
- Wenn man bei dem Abschluss des neuen Leasingvertrages den Sparsamkeitsgrundsatz – gerade in der derzeitigen Finanzsituation – angewandt hätte, wäre auch die Frage zu beantworten gewesen, wie man bei einem Dienstwagen des Bürgermeisters überhaupt eine Sonderausstattung in Höhe von EUR 16.030, inkl. einer Anhängerkupplung, rechtfertigen kann. Aber das mussten die Gemeindemitarbeiter auch nicht beantworten, denn Ihr Chef hatte schon für sich entschieden.
- Diese Art von Geschäften sind auch grundsätzlich keine Geschäfte der laufenden Verwaltung, sondern sollten vom Rat beschlossen werden – das sagt auch der Städte- und Gemeindebund NRW.
- In der letzten Ratssitzung wurde mit den Stimmen von CDU, SPD und Die Fraktion/Die Partei unser Antrag abgelehnt, die während der Coronazeit angehobenen Schwellenwerte, wann was dem Rat oder einem Ausschuss vorgelegt werden muss, wieder auf ihren ursprünglichen Zustand zurückzuführen. Das hätte den Handlungsspielraum des Bürgermeisters wieder erheblich eingeschränkt. So fordern wir jetzt zusammen mit BfB, dass wenigstens bei der Anschaffung des Dienstwagens nicht der Bürgermeister für sich selber entscheiden darf.
- Der nächste kommunalrechtliche Grundsatz betrifft das Verbot von sogenannten „Insichgeschäften“. Nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 GO NRW darf ein in ein Ehrenamt Berufener weder beratend noch entscheidend mitwirken, wenn die Entscheidung einer Angelegenheit ihm selbst einen unmittelbaren Vorteil oder Nachteil bringen kann.
Bei einem Dienstwagen, den der Bürgermeister sich selber konfigurieren, nur selber fahren und auch zu privaten Zwecken nutzen darf, liegt der unmittelbare Vorteil auf der Hand. Auch darauf geht die Sachdarstellung der Gemeinde nicht ein.
- Um die private Nutzung – auch steuerrechtlich – zu regeln, wurde eine Nutzungsregelung zwischen der Gemeinde und dem Bürgermeister getroffen. Abgesehen von der Frage, wer hier die Gemeinde ist, zeigt auch wieder § 31 Abs. 1 Nr. 1 GO NRW dem Bürgermeister Grenzen auf. Auch diese Vereinbarung ist kein Geschäft der laufenden Verwaltung und gehört in den Rat zur Entscheidung.
- Nach unserer Akteneinsicht mussten wir zudem feststellen, dass es diese Nutzungsvereinbarung gar nicht in Schriftform gibt, sondern dass diese wohl eine mündliche Absprache zwischen Bürgermeister und seinen (damaligen) Mitarbeitern war. Komisch, wo doch die DNA des Verwaltungshandelns eher durch das Verfassen von Schriftstücken geprägt ist als durch mündliche Vereinbarungen – und dies gerade in so sensiblen Bereichen.
Als wir unseren Antrag vor ein paar Monaten gestellt hatten, wollten wir damit noch dem Eindruck vorbeugen, dass die Anschaffung eines Dienstwagens für den Bürgermeister durch den Bürgermeister selber zu einem Akt der Selbstbedienung wird. Im Nachgang mussten wir leider feststellen, dass er es schon längst geworden ist. Wieder einmal zeigt Bürgermeister Rexforth, dass er es mit der Einhaltung von Vorschriften nicht so ernst nimmt – gerade wenn es um seine Person geht.
Vorschau auf die nächste Folge: Das Erholungsgebiet und die automatischen Gehaltserhöhungen für den Bürgermeister und seinen Allgemeinen Stellvertreter
Dr. Stefan Steinkühler
(Fraktionsvorsitzender)
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